Theobald O.J. Fuchs: Royales Gelee

MONTAG, 1. JUNI 2015

#Comedy, #Kolumne, #Theobald O.J. Fuchs

Ja schau her, ich will dir das erklären. Wenn sich der Bienerich und die Bienin ganz arg lieb haben, dann bringt die Bienin ein paar Wochen später ein dickes Ei zur Welt, doppelt so groß als sie selbst. Merkwürdig, gewiss, aber so ist die Natur. Die fragt nicht lange, ob wir einverstanden sind, auch wenn viele unserer Mitinsekten mit exakt dieser Forderung auf den Lippen durch‘s Leben taumeln.
 

Um den königlichen Palast, da wo der Bien sich regelmäßig auf dem Balkone dem Volke zur Beschau darbietet, kreisen die Drohnen der Prinzen, je ein Prinzlein in einem lustig brummenden Seenotrettungshubschrauber, so will es das aristokratische Protokoll. Lustige Uniformen tragen die zweiunddreißigtausend und ein paar zerquetschten Brüder, Cousins, Neffen und Nennschwestern des glibbrigen Bewohners der royalen Kalkschale. Haben sich endlich alle satt gesehen an dem makellos gerundetem Ei, wird dasselbe wohl verpackt und in den Brutkasten gelegt, wo es bleibt, bis die Thronfolgeregelung steht. Die ist nämlich kompliziert und nur für Mitglieder eines mittelständischen Königshauses nachvollziehbar. Verstehst du, was ich meine?
Denn der royale Regent der Zukunft ist beileibe nicht der, der zuerst schlüpft, sondern vielmehr jener, welcher als erster gezeugt wurde. Und zwar unter den Augen des königlichen Befruchtungsbeobachters, der jeden einschlägigen Vorgang haarklein im goldenen Begattungsbuch der Stadt aufzeichnet. Und der auch Hüter der wichtigsten Zutat ist, welches bei der Befruchtung zum Einsatz kommt, dem berühmten royalen Gelée, das recht stark nach … aber davon werde ich dir eines Tages mehr berichten, wenn du noch etwas erwachsener bist als heute.
Leider klappt nicht immer alles reibungslos, leider gestaltet sich das Leben nie und nimmernicht ausschließlich einfach und übersichtlich, das will ich dir nicht verhehlen. Es sind die Zwillinge Neid und Gier, die das Gewürm und Geschmeiß zu sinnloser Bosheit und gemeiner Lüge aufstacheln. So auch den weißen Lurch, eines der hinterhältigsten Kriechtiere, die sich je unter einem bestirnten Himmel schlängelten. Niemand kann sie leiden, die böse bleiche Echse, keinen einzigen Freund hat sie, der freiwillig seinen schmutzigen Bauch an dem ihren riebe, so dass sie etwas Farbe abbekäme. Nicht wahr? Auch wir mögen sie nicht, diese zu einem käsig bleichen Reptil geronnene Garstigkeit.
Was der fiese Lurch vorhat, willst Du wissen? Nun, er ist scharf auf das royale Gelée, über das ich irgendwann einmal Genaueres berichten werde. Wenn der Lurch beim Bienerich vorspricht, zeigt er einen kleinen Klacks seines eigenen Gelées und verspricht, damit den bienischen Palast in eine gewaltige Gelée-Fabrik umzuverwandeln. Der Bienerich hätte nichts weiter zu tun, als die royalen Prinzen aus dem Palast zu vertreiben, damit der Lurch alles so umgestalten könne, dass die lurchische Apparatur ihren Platz fände. Insgeheim plant der Lurch natürlich, den Palast vollständig zu zerstören und sich nach ein paar Monaten mit sämtlichem Gelée aus dem Staube zu machen.
Ja, natürlich hoffen wir, dass der Bienerich nicht hereinfällt, auf den Betrug. Denn, wie du richtig bemerkst, der Lurch benimmt sich ganz ähnlich wie ein Investor, der einer Stadt ein denkmalgeschütztes und weltberühmtes Gebäude abkaufen will, mit dem Versprechen, dass am Ende alle „davon profitieren“. Jedes Kind weiß, dass ein Investor nie und nimmer etwas anders im Schilde führt, als mit mehr Geld zu verschwinden, als er mitbrachte. Und meistens tut er das früher, als alle erwarten. So dass am Ende stets weniger Geld, dafür jedoch ein zerstörtes Gebäude zurückbleiben wird, und ein Heer obdachloser Einheimischer, deren erfrischende Ideen zur liebevollen Nutzung des Gebäudes im Keim erstickt wurden. Ich mag selber kaum glauben, dass so etwas geschehen kann, aber in dieser Welt macht Geld selbst die schlauesten Köpfe blind und dumm.
Um Bienerich und Bienin brauchst Du Dir freilich keine Sorge zu machen. Denn zum Glück gibt es die Drohnen, die den Lurch erspähen, lange bevor er mit seinen glitschigen Pfoten an die Tür des Palastes klopfen kann. Tausendmal kleiner als ein Lurch ist jede Drohne, aber es sind viele, so viele, dass die Bienin und ihr Bienerich das vereinte Warnflattern zu hören vermögen. Und flugs dem nahenden Lurch mit gewaltigen Löffeln einen breiigen Schleim entgegenschleudern, der in der unseren Welt als Brennesseljauchesülze bekannt ist. Die kann der Lurch einfach nicht ausstehen und dreht ab, die Sau.
Wenn Du Lust hast, können wir jetzt gleich hinaus flügeln und uns ein Töpfchen kochen. Zusammen mit einem Schuss royalem Gelée schmeckt das tadellos, sozusagen geschmacklich einwandfrei.



UND WAS MACHT THEO NOCH, AUßER GUT AUSZUSEHEN?
ER RETTET DIE QUELLE! UND ALLE DÜRFEN MITHELFEN:

WWW.FACEBOOK.COM/QUELLKOLLEKTIV

Außerdem liest er uns ein paar Kurzkrimis vor. Von ihm  persönlich ausgedacht und geschrieben:
Am Freitag, 12. Juni in der Galerie Bernsteinzimmer, Großweidenmühlstraße 11, Nürnberg, Einlass ab 19 Uhr.
Am Sonntag, 28. Juni im Fürth-Dings drin, für die Veranstaltung mit dem schönen Vogelnamen StadtLESEN!, und zwar um 16 Uhr in der Adenaueranlage.

Noch mehr? Wissen wir auch nicht genau. Man munkelt, er schrebergärtelt. Das würde auch ein paar Fotos vergangener Kolumnen erklären. Man mutmaßt weiter, er ziehe Strippen in der Galerie Bernsteinzimmer. Konkret wissen tun wir nur, dass er regelmäßig einen Nachbericht verfasst zu Egersdörfer & Artverwandtes. Wir wissen auch, es gibt nun einen neuen Kurzkrimipreisträger. Steht Theo als Vorjahressieger (ehemaliger Sieger, Ex-Sieger) nun eine Sinnkrise bevor? Egal. Soll er sich halt was destillieren, das wird schon.




Twitter Facebook Google

#Comedy, #Kolumne, #Theobald O.J. Fuchs

Vielleicht auch interessant...

Da saß ich im Bus nach Prag und dachte mir, wie unangenehm es sein müsste, von einer Stadt in die andere Stadt gebeamt zu werden. Also mittels Star-Trek-Transporter [https://de.wikipedia.org/wiki/Star-Trek-Technologie]. Man wäre ja im selben Augenblick da, in dem man abgeschickt wird, und würde die schöne Fahrt verpassen. Welche Auswirkungen der abrupte Ortswechsel auf die menschliche Seele hätte, ist noch völlig unerforscht. Zudem ja erst die Seele an sich definiert werden müsste. Das ist sonst ungefähr so, wie wenn man die Verdauung des Monsters von Loch Ness erforschen wollte.  >>
20240401_Pfuetze
20240401_Staatstheater
20240401_Stadttheater_Fürth
20240317_Tafelhalle
20240401_PolnFilmwoche
20240201_VAG_D-Ticket
20240411_NbgPop_360
20240401_Wabe_1
20240401_Neues_Museum_RICHTER
20240201_mfk_PotzBlitz
20240401_Theater_Erlangen
20240401_ION
20240401_Idyllerei
2024041_Berg-IT
20230703_lighttone
20240401_Comic_Salon_1
20240401_D-bue_600