Dem Egers sei Welt #37

MONTAG, 27. APRIL 2015

#Comedy, #Egersdörfer, #Kolumne

Ich will es gar nicht bestreiten. Ich möchte gar nicht den Eindruck erwecken, dass ich etwas Besseres oder Besonderes bin. Ich gebe es unumwunden zu, und ich bereue es mit der ganzen Kraft meines Herzens. Ohrfeigen könnte ich mich dafür. Ich war im Besitz eines Rollkoffers und ich habe ihn benutzt. Das ist ja praktisch, habe ich mir ganz naiv gedacht. Einen Rollkoffer verwenden ja viele Menschen. Ideal, wenn man auf Reisen ist. Ein Rollkoffer schont den Rücken und die Gelenke.

ROLLKOFFER

Aber wie grauenhaft, wie geckenhaft und blödsinnig das schon ausschaut, einen Kindersarg auf Rollen an einem kleinen Stöckchen hinter sich herzuziehen. Ich habe nichts dagegen, wenn kleine, rotznasige Kinder Teddybären oder in den Wintermonaten Schlitten hinter sich herziehen. Ich habe auch nichts gegen das Schleifen von Säcken oder erdrosselten Frauen. Ich habe auch grundsätzlich nichts gegen Rollen oder Räder. Wenn jemand ein Fahrrad schiebt, denke ich mir: Sehr gut. Ein Fahrrad zu schieben macht auch ein schönes Bild. Das hat Ästhetik und Reiz. Das sollte einmal ein Künstler mit Können malen. Das Bild vom Mann, der sein Fahrrad schiebt. Brisanz hätte das und subtile Kritik. Damit könnte man einen längst notwendigen Diskurs beginnen, der für uns und unser Land seit langem mehr als überfällig ist.
Aber Rollkoffer sind nur albern. Dritter Grad. Bullshit. Das geht gar nicht. Stellen Sie sich einmal vor, Jesus hätte sein Kreuz auf Rollen hinter sich hergezogen. Die Geschichte des Christentums hätte höchstwahrscheinlich  einen komplett anderen Verlauf genommen. Die Kunstgeschichte wäre eine vollständig andere. Jesus am Kreuz mit unten am Kreuzschaft vier Rädchen dran. Da hätte sich ein Michelangelo geweigert und die Arbeit verweigert: Eure sixtinische Kapelle könnt ihr selber ausmalen, ihr Volltrottel!

Das Schlimmste am Rollkoffer ist das Geräusch. Auf Kopfsteinpflaster ergibt sich eine ohrenbetäubende Kakophonie. Vögel versterben im Flug. Passanten erblinden und erbrechen sich. Aber auch das leichte Surren auf Asphalt. Subtil und ätzend. Das Klackern auf Plattenboden. Der Rhythmus der Rücksichtslosigkeit. Hier komme ich. In meinem Koffer befindet sich Wichtiges. Machen sie sofort den Weg frei. Ich habe eine Berufung. Die Benutzung des Rollkoffers in der Öffentlichkeit geschieht in absoluter Rücksichtslosigkeit gegenüber allem Lebendigen. Der Rollkoffer ist das blutbesudelte Zepter des gewissenlosen Egoismus.

Aber das Allerschlimmste sind die niederen und abgeschmackten Beweggründe, die zur Anschaffung und Benutzung dieses Undings führen. Das ist eine große Lebenserleichterung habe ich mir, törichter Narr, in meiner geistlosen Verblendung eingebildet. Entlastung habe ich mir erhofft. Das ist eigentlich immer der schlimmste aller Gedanken. Ich mache dieses und jenes, um mich zu entlasten. Ich schaffe mir dieses und jenes an, um mich zu entlasten. Sogenannte Entlastung bildet den Grundstein von Giftmülldeponien, Scheiterhaufen und Konzentrationslagern.

Die Existenz ist kein Zuckerschlecken, kein Rosengarten und keine Kirchweih. Äußerst selten gibt’s Schokoladenpudding als Nachspeise. Aber viel häufiger wird man von oben bis unten angepinkelt oder vollgeschissen. Jeder hat sein Schicksal zu tragen. Manchmal ist die Last schwer und mühsam. Vereinzelt geht es leichter, zum Beispiel in dem kurzen Augenblick, in dem der Schmerz nachlässt. In keinem Fall aber zieht man das Schicksal auf Rollen hinter sich her.


UND WAS MACHT EGERS, AUßER GUT AUSZUSEHEN?
Mit Martin Puntigam und dem gemeinsamen Programm „Erlösung“ ist er auf Tour durch Deutschland, in der Schweiz und Lichtenstein, am 13. Mai stehen beide im Hubertussaal auf der Bühne. Am 19. Mai ist er Gastgeber von „Egersdörfer und Artverwandte“ im Festsaal des Künstlerhauses (KunstKulturQuartier) - wie immer präsentiert von curt! Am 20. Mai ist er mit seinem Soloprogramm „Vom Ding her“ in der Comödie in Fürth zu Gast und am 29. Mai tritt er zusammen mit Heinrich Filsner an der Tuba im Kulturzentrum Katzwang („Programmtitel Mündlich“) auf.

Noch mehr Infos auf www.egers.de.




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#Comedy, #Egersdörfer, #Kolumne

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