Dem Egers sei Welt #35

SAMSTAG, 28. FEBRUAR 2015

#Comedy, #Egersdörfer, #Kolumne

Meine Rede anlässlich der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises 2015. Ich plädiere für die zeitige Ankündigung von Preisen. Das würde den Jubilaren wirklich helfen. Kurz, formlos, knapp. Hätte vollkommen ausgereicht. Sehr geehrter Herr Egersdörfer. Das „geehrte“ hätte es gar nicht gebraucht.
 

MEINE REDE

Neulich ist mir fad gewesen. Ich war derartig lustlos, dass ich nicht einmal mehr Kraft zum Gähnen gehabt habe. Ein Arzt hätte wahrscheinlich unumwunden von massiver Langeweile im Endstadium gesprochen. In meiner ganzen Not habe ich dann mit meinem schnurlosen Telefon herumgespielt und ein Spiel mit einem Affen entdeckt. Ziel dieses köstlichen Amüsements ist es, ein kleines Äffchen über einen Parcours zu leiten und allen möglichen Gefahren schnell auszuweichen. In wilder Raserei muss man immer Obacht geben, dass der Affe sich nicht derrennt. Brocken, Gruben, Abgründe tauchen blitzschnell auf und schnell muss man ausweichen wie im richtigen Leben. Außerdem stellt sich einem auch ab und an ein Pavian mit rotem Arsch und großem Knüppel in den Weg. Über selbigen muss man im richtigen Moment drüberhupfen, sonst haut er dich tot. Außerdem taucht an manchen Stellen im Spiel eine Wolke mit schillernden Münzen auf. Wenn man das kleine Äffchen durch das Agglomerat durchspringen lässt, sammelt man Bonuspunkte. Beim Durchspringen der Wolke kommt dann ein Geräusch einer klingelnden Kasse, meine ich, mich erinnern zu können.

Genau deswegen sind wir hier heute Abend erschienen. Die Damen haben sich die dick behaarten Affenbeine rasiert. Die Herren haben sich Bananenflecken mit dem Glitzi-Schwamm aus der Anzugshose geputzt. Ein paar Monchichis filmen das ganze Affentheater. Und daheim hocken die Affenhorden auf den Ästen vor ihren Fernsehern, hocken auf ihren dicken, roten Ärschen und erholen sich vom täglichen Herumgehüpfe und schauen zu, wie ein paar dressierte Äffchen hier in Mainz im Unterhaus durch eine funkelnde Münzwolke springen und die Kasse und die Glocke dabei klingelt. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich freu mich schon über diesen Preis. Da sitzen schon ein paar mächtige, silberhaarige Gorillas und blitzgescheite Nasenaffen und Äffinnen in dieser Jury. Das ist schon eine Auszeichnung, von denen eine Bimmel zu kriegen. Aber die Auszeichnung kommt halt ungefähr 28 Jahre zu spät. Kurz vor dem Abitur, als mir dieser rotärschige Chemielehrer den Unterschied zwischen einer Kassenfrau im Supermarkt und der Elite der bayerischen Gymnasiasten erklärt hat und mich dann zu zwei Sonderprüfungen geladen hat, da wäre es gut gewesen, wenn ich schon mal ein Vorabschreiben aus Mainz bekommen hätte.

Kurz, formlos, knapp. Hätte vollkommen ausgereicht. Sehr geehrter Herr Egersdörfer. Das „geehrte“ hätte es gar nicht gebraucht.

An M. Egersdörfer. Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand ist es durchaus nicht im Bereich der extremen Ausschließlichkeit, dass sie 2015 im Mainzer Unterhaus den Deutschen Kleinkunstpreis überreicht bekommen. Da hätte ich etwas in der Hand gehabt gegen Studienrat der Chemie, Adolf  Winner. Ist schon klar, dass ich von Redoxreaktionen nicht den kleinsten Schimmer habe. Aber ich krieg’ unter Umständen einmal den Kleinkunstpreis in einem muffigen Keller in Mainz überreicht, Du Brillenaffe!

Ich plädiere für die zeitige Ankündigung von Preisen. Das würde den Jubilaren wirklich helfen.

Da habe ich auch gleich noch einen Vorschlag. In der Fränkischen Schweiz wurden unlängst die gymnasialen Schulbuben und Bubinnen zusätzlich gequält, in dem Ihnen im Schulgebäude eine hochraffinierte Klimaanlage eingebaut wurde, die es ihnen verboten hat, die Fenster in den schulischen Folterkammern zu öffnen. Das muss man sich einmal vorstellen. Da sitzen kleine Gymnasiasten, wo oft die Mutter eine braungescheckte Kuh ist und auf der Weide vor der Schule steht. Der Jüngling trinkt in der Pause aus dem Euter, wenn sein Kopf wirbelt von binomischen Formen, gleichseitigen Kreisen und der Deutung des Matthäus-Evangelium von Jean Paul Sartre. Der roch zumindest sein weidendes Muttertier durchs gekippte Fenster, wenn der diabolische Studienrat ihn malträtierte. Und dann soll das vorbei sein wegen einer High-Tech-Belüftung, die keine echte Luft vertragen kann, sondern nur mit Angstschweiß und Studienratfürzen betrieben wird. Das will kein fränkischer Schulbub. Schüler der siebten Klasse haben herausgefunden, dass die Klimaanlage durch Sensoren in den Schulräumen Informationen über das Raumklima entnimmt und damit den eigenen Betrieb steuert. Sie mögen zwar kleine Hörner über den Ohren tragen, die Buben aus der Fränkischen Schweiz. Blöd sind sie deswegen noch lange nicht. Diese prächtigen Burschen haben regelmäßig und ausdauernd in selbige Sensoren gerülpst, bis die ganze wunderbare Anlage kollabierte. Mir wurde mitgeteilt, jetzt dürften an der Schule die Fenster wieder gekippt werden. Diesen jungen Männern sollten wir Aufmerksamkeit und Hochachtung zollen. Diesen Herren gebührt sofort eine Auszeichnung. - Ende -



DER DEUTSCHE KLEINKUNSTPREIS
Der Deutsche Kleinkunstpreis wurde 1972 von den Theaterbetreibern Artur Bergk, Renate Fritz-Schillo und Carl-Friedrich Krüge ins Leben berufen und erstmals im Mainzer Theater„unterhaus“ verliehen. Erster Preisträger war Hanns Dieter Hüsch. Mittlerweile gilt der Preis als eine der wichtigsten deutschen Auszeichnungen für die drei Sparten Karbarett, Chanson/Lied/Musik und Kleinkunst. Zusätzlich wird auch ein Förderpreis der Stadt Mainz verliehen – den hat Matthias 2010 schon bekommen. Seine Vorgänger waren hier beispielsweise Gert Fröbe, Mathias Richling, Richard Rogler, die Biermösl Blosn, Sissi Perlinger oder Rainald Grebe. Dieses Jahr bekam Martin Zingsheim den Förderpreis.
Matthias Eggerdörfer erhielt den Preis 2015 in der Sparte Kleinkunst. Berühmte Vorgänger sind unter anderem Otto Grünmandl, Loriot, Werner Schneyder, Josef Hader, Erwin Grosche, Robert Gernhardt. Preisträger Kabarett ist heuer Christoph Sieber, Preisträger Chanson/Lied/Musik ist Stephan Stoppok. 2008 kam noch der Ehrenpreis des Landes Rheinland-Pfalz dazu. Erste Preisträger waren Dieter Hildebrandt und Gerhard Polt, diese Jahr ist es Gerd Dudenhöffer.
Die Preisverleihung findet jedes Jahr immer Sonntag nach Rosenmontag statt. Neben Geld, Ruhm und Ehre erhalten die Preisträger die unterhaus-Glocke, eine Schiffsglocke, die der verstorbenen Kabarettist Hanns Dieter Hüsch von seiner gekenterten „arche nova“ 1971 ins unterhaus-Foyer mitnahm und mit der seitdem traditionell die Aufführungen eingeläutet werden.
Seit 1988 ist der Sender 3sat vor Ort und zeichnet die Verleihung auf. Die Moderation übernimmt wieder Volker Pispers. Erstmals gesendet wird die diesjährige  Aufzeichnung am 1. März um 20:15 Uhr auf 3sat.


UND WAS MACHT EGERS, AUßER GUT AUSZUSEHEN?
Am 2. März wird sein aktuelles Programm „Vom Ding her“ im Dehnberger Hoftheater aufgenommen. Tags darauf ist er bei Egersdörfer und Artverwandte im Festsaal des Künstlerhauses (KunstKulturQuartier) - präsentiert von curt! Ab 5. März ist er mit Martin Puntigam und dem gemeinsamen Programm „Erlösung“ in Österreich auf Tour.
Mehr Infos: www.egers.de.
 




Twitter Facebook Google

#Comedy, #Egersdörfer, #Kolumne

Vielleicht auch interessant...

20240401_Staatstheater
20240401_Pfuetze
20240401_Stadttheater_Fürth
20230703_lighttone
20240401_Comic_Salon_2
20240401_Theater_Erlangen
20240201_VAG_D-Ticket
20240401_ION
20240401_Neues_Museum_RICHTER
20240201_mfk_PotzBlitz
20240411_NbgPop_360
20240401_Idyllerei
20240401_Wabe_1
2024041_Berg-IT
20240401_D-bue_600