Im Gespräch mit: Oguzhan Ozi Celik

FREITAG, 5. DEZEMBER 2014, KüNSTLERHAUS IM KUKUQ

#Konzert, #Künstlerhaus, #Musik, #Soul

Wie es mit dem Soulweekender angefangen hat, was sich im Laufe veränderte und vor allem, kann man auch mit dem Klapprad anstatt mit einem Scooter am Künstlerhaus vorfahren? Diese und weitere ebenso nonchalante Fragen beantwortete uns DJ und Mitveranstalter Oguzhan Celik:

curt: Werter Ozi, seit wann gibt es den SW – und wie kam es zu den Anfängen?
Ozi: Über die Anfänge ranken sich einige Mythen. Bei den ersten beiden 1991 und 1992,  manche behaupten der erste wäre 1992 gewesen,  war ich nur als junger berauschter Gast. Damals wurde die Veranstaltung von Andrea Schmidt und Angie veranstaltet, die beide stark in der Scooter-Szene verhaften waren. Da es damals noch keine Raresoul-Szene wie heute in Deutschland gab – dies hat sich parallel zu England mit einer Zeitverschiebung von 25 Jahren erst gegen Ende der 90er Jahre hier entwickelt – rekrutierte sich das damals schon internationale Publikum fast nur aus Rollerfahrern. Zu der Zeit etablierten sich in England richtig große Weekender in den Küstenorten, so dass man sowas auch in Deutschland, gleichzeitig als Winterersatz für die sommerlichen Scooterruns, bei denen aus England übernommen fast nur Raresoul aufgelegt wurde, ausprobieren wollte. Obwohl nicht der erste Soulweekender in Deutschland,  der fand einige Monate vorher in Berlin,  organisiert von Urgestein Marc Forrest, statt,  war der Nürnberger Weekender ganz im Gegensatz zu Berlin ein absoluter Erfolg. Natürlich gab es dann eben im Folgejahr gleich den nächsten, womit sich die Veranstaltung,  damals nur im Festsaal des K4 beschränkt auf rare Soulmusik aus den 60ern ihren Kultstatus errungen hatte. Grund hierfür könnte auch der Termin von Anfang Dezember mit der vorweihnachtlichen Stimmung in der Stadt sein.

Wie hat sich der Event im Laufe der Jahre gewandelt?
Ozi: Wie schon gesagt war es Anfangs eher ein subkuturell geschlossenenes Treffen der internationalen Rollerszene. Nachdem aus mir nicht genau bekannten Gründen Andrea und Angie aus Nürnberg nicht mehr weitermachen wollten, hat Silke aus Frankfurt die Organisation übernommen und erstmals richtig bekannte Raresoul-DJs aus Nordengland zum Auflegen nach Nürnberg geholt. Der Weekender fand zwar unter ihr auch nur im Festsaal statt, hat sich jedoch musikalisch stark emanzipiert, da viele neue, bisher in Deutschland unbekannte Soul Singles, auch aus den 70ern aufgelegt wurden. Im Laufe der 90er Jahre hat sich dann, wohl auch befeuert durch den Weekender, eine eigene Raresoul-Szene in Deutschland herausgebildet. Genau wie beim Vorbild England bestand diese zum Anfang fast nur aus ehemaligen Rollerfahrern. Aus wiederum mir bis heute nicht bekannten Gründen hat Silke 2002 ihren letzten Weekender organisiert. Da wir – Stefan Krapf, Dominik Schöll und ich – richtige Soulboys waren und seit 1998 im Zentralcafé regelmäßig unsere Soulnight organisierten und auflegten, war es für uns völlig undenkbar,  dass der Weekender nicht mehr stattfinden sollte. Kurzerhand haben wir 2003 die Veranstaltung übernommen und gleich beim ersten Mal einen weiteren Raum für Modern Soul eingeführt, also Soul ab den 70ern aufwärts – damals für Deutschland revolutionär! Die Veranstaltung findet seitdem im Gesamthaus statt und hat deutlich mehr Besucher als früher.

Woher überall kommen Eure Acts?
Ozi: Die DJs kommen natürlich zumeist aus allen  möglichen Städten Deutschlands, von München bis Hamburg. Jedoch hatten wir neben regelmäßigen DJ-Gästen aus England auch DJs aus Schweden, Österreich oder, wie heuer, aus der Schweiz. Im Gegensatz zu früher,  als englische DJs ihren Pendants aus dem Festland an raren Soul Singles weit überlegen waren, sind mittlerweile etliche DJs von hier international etabliert,  so dass wir dieses Jahr mit Dauergast Chris Anderton nur einen DJ aus England haben.

Und die Gäste?
Ozi: Unsere Gäste sind internationaler denn jeh, so dass sich aus nahezu jedem europäischen Land ein paar Soulboys und Soulgirls finden. Was vor allem im Vergleich zu früher auffällt, ist die enorme Heterogenität des Publikums. Vom beinharten Soul-Puristen bis zum neugierig hereingeschneiten lokalen Partyhengst ist heutzutage alles dabei. Natürlich kommt die Mehrzahl der Gäste gezielt zum Tanzen auf den Weekender, doch handelt es sich dabei nicht mehr wie früher um rein subkuturell verhaftete Hardliner. Insbesondere freut es mich,  dass der Weekender inzwischen so viele Nürnberger begeistert,  was vor 10 Jahren nicht der Fall war.
 
Muss man Roller fahren, Tattoos haben und viel Schnaps vertragen – oder kann man sich auch mit Klapprad und Bier durchmogeln?
Ozi: Bei den frühen Weekendern ist man als Nicht-Rollerfahrer tatsächlich noch aufgefallen. Jetzt fällt man fast eher auf, wenn man sich mit Kutte präsentiert. Allerdings gehören Tattoos seit einigen Jahren,  möglicherweise bin ich da nicht ganz unschuldig,  mit zum guten Ton auf Soulabenden. Aber kurz gesagt kann man sich auch mit Joggers und Longboard bei uns einen sehr schönen Abend machen.
 
Wer ist musikalischer Headliner?  
Ozi: Die Zeiten als zwei, drei englische DJs immer das Highlight waren, sind vorbei. Jeder der DJs hat so viele exklusive Originalsingles, dass keiner mehr die anderen als eine Art Headliner aussticht. Einzig Chris Anderton als Plattenhändler wird deutlich rarere Scheiben als die anderen haben.
 
Gibt es „Residents“, also immer wiederkehrende DJs?
Ozi: Ja, die gibt es auf jeden Fall. Chris Anderton aus Nordengland ist heuer das 8. Jahr in Folge dabei. Daneben ist Michael Fuchs, Old School Scooterboy Kollege von ganz früher, Stammgast bei uns. Der absolute Dauerbrenner ist jedoch Finn Johannsen aus Berlin,  der seit 2003 jedes Jahr den Modern Room mit seiner fundierten Plattensammlung rockt.
 
Was erwartet einen, wenn man noch die bei SW war?
Ozi: Ich denke, die Masse der Tanzbegeisterten und die sehr exklusive Musik aus dem schwarzen Amerika der 60er und 70er ist etwas sehr Außergewöhnliches. Diese Mischung aus einmalig emotionsgeladener Musik und Hingabe beim Tanzen ergibt vor allem bei vorgerückter Stunde eine vollkommen einzigartige Stimmung.

Warum ist Nbg genau die richtige Stadt für den SW?  
Ozi: Nachdem er laut Wikipedia als Mutter aller Weekender gilt, erübrigt sich eine weitere Antwort.

Sollte man sich die Tickets im VVK sichern?
Aufgrund der Größe des Weekenders ist dies nicht notwendig, weshalb wir auch keinen VVK machen.  
 
Wo geht Ihr sonst so hin (auch auswärts)?
Ozi: Nachdem ich nunmehr seit mehreren Jahren zwei Kinder betreuen darf, gehe ich eher selten weg. Soul- oder Reggaenighter , wie z.B. den Weekender in Hamburg, fahren wir immer wieder gerne an. Ich bin auch öfters anzutreffen auf Punkrock- und Hardcore-Konzerten – meine erste große Liebe.
 
Was veranstaltet Ihr sonst so?
Ozi: Dominik und ich machen zusammen mit Ulrich Leitl die Zentralcafé Soulnight, die alle zwei Monate im Zentralcafe des K4 stattfindet. Daneben veranstalte ich noch zusammen mit Stefan Meisslein REGGAE HIT THE TOWN, ebenfalls alle zwei Monate im Zentralcafé.

Und im echten Leben?
Ozi: Dominik ist Architekt und doziert an der Ohm Hochschule. Ich biete juristische Dienstleistungen.
 

KLEINE ANEKDOTEN:

Schlimmste Eskalation?
Ozi: An einem Abend denselben Typen drei Mal hintereinander rausgeschmissen und zum Abschluss zu dritt auf ihm mit der Security die gesamte Treppe vom Festsaal bis zum Ausgang runter gerutscht. Mir bis heute schleierhaft, wie der wieder reingekommen ist.
 
Schönster Moment?
Ozi: Nicht, wie Ihr denkt, obige Rutschpartie, sondern der Blick von der Bühne auf den Festsaal, wenn der ganze Raum im Dämmerlicht tanzt.
 
Verwirrendste Entwicklung?
Ozi: Als einer der DJs, ich nenne keine Namen, beim Auflegen von der Bühne geht um seinen Freund zu vermöbeln, weil er denkt, er macht seine Freundin an. Wir konnten ihn mit Mühe noch rechtzeitig für die nächste Single hinters DJ-Pult bringen. 

SOULWEEKENDER NüRNBERG 2014 / TAG 1
Freitag, 05.12.2014 // 22:00-05:00h

KüNSTLERHAUS IM KUKUQ
Königstraße 93
90402 Nürnberg
Tel.: 0911 23114000
kunstkulturquartier.de
musikverein-concerts.de




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