Dem Egers sei Welt #31

DIENSTAG, 30. SEPTEMBER 2014

#Comedy, #Egersdörfer, #Kolumne

Erst heute Morgen machte ich mich einer kleineren Anmaßung schuldig. Ich rasierte mir die Haare um die Koteletten, am Kinn und unter der Nase, als ich mir plötzlich ganz unabsichtlich selbst in mein Gesicht sah. Die schönen, geschmeidigen, dunkelbraunen Augen im Spiegel blickten ruhig und aufrichtig in meine ehrlichen und reinen Augen in meinem wohlgerundeten Kopf vor dem Spiegel.

MEIN FEINES UND WUNDERSCHÖNES ICHSELBST

Ich beendete für einen Moment meine Gesichtspflege und genoss und vertiefte mich, offen gesagt, in die Betrachtung meiner eigenen Person. Ich bin selbstkritisch genug, um zu wissen, dass ich mich nicht uneingeschränkt eine klassische Schönheit nennen darf. Eine solche Überheblichkeit würde ich mir auch nicht durchgehen lassen. Aber mein feines Näschen, das flaumige, fluschige Haar, die Formschönheit und die Passgenauigkeit der beiden Ohren, dazu das kecke Kinn und die halbmondartigen Bäckchen ergeben eine so wohlfeile Harmonie und seltene Anmut. Ich bin nicht dünn. Dafür genieße ich zu gern. Aber meine gemütliche Dicklichkeit ist auf ihre Weise grazil und von stringenter Eleganz. Kurz gesagt: Da müssten einige Ästhetik-Fachmänner und -frauen lange Zeit großräumig suchen und forschen, um jemanden zu finden, der nur annähernd an die Exzellenz meiner Person heranreichen könnte.

Als ich nach meiner gelungenen Rasur in unsere Küche trat, saß meine Frau schon an dem gedeckten Tisch und applaudierte aufgeregt. Nach zehn Jahren Ehe kann sie es immer noch nicht fassen, dass ich ihr Gemahl bin. In allen möglichen und unmöglichen Situationen zeigt sie mir ihre vollständige Begeisterung gegenüber meiner Person. Selbst in den intimsten Augenblicken, über die ich lieber eine breite Kamelhaardecke des Schweigens ausbreiten möchte, flüstert sie Komplimente, Danksagungen und Huldigungen in Versform. Natürlich gibt es bei uns auch Streit und statt Ehrung und lieber Worte ertönen plötzlich ungereimte Argheiten und schnöder Schimpf. Der Grund dieser Verstimmungen liegt meist darin, dass meine liebe Frau einfach das Glück nicht ertragen kann, von mir mit unermesslicher Selbstlosigkeit auserwählt worden zu sein. Es braucht nicht lange, bis sie die Umstände wieder fassen kann. Manchmal helfe ich ihr auch, indem ich sie anleite, ihre Ansichten kurz zu verschriftlichen. Beim Schreiben kommt sie zur Ruhe. Oft, schon während meiner anschließenden Korrektur des Schriftstückes, sagt sie mit Dankbarkeit in den Augen: „Ich bin dazu verflucht, glückselig zu sein. Ach, was bleibt mir anderes, als das Leben an Deiner Seite zu genießen.“

Es liegt mir fern, mich an dieser Stelle in Eitelkeit zu ergießen, aber auf meine Bescheidenheit möchte ich doch kurz eingehen. Ich könnte in einem Schloss wohnen. Ich tue es nicht. Ich könnte ein großes, silbernes, schnelles Auto fahren. Stattdessen fahre ich ein kleines, braunes, halbschnelles Fahrzeug mit einer enormen Delle in der Tür. Oftmals stehe ich kopfschüttelnd vor dem Fahrzeug und kann es selbst nicht fassen. So eine Bescheidenheit muss man sich leisten können. Mein Obst und Gemüse kaufe ich seit Jahr und Tag am Markt, eine Schneiderin näht und kürzt mir Kleidungsstücke, bei meiner Stamm-Metzgerei kaufe ich Wurst, beim Käsehändler kaufe ich Käse. Alle diese Menschen haben Tränen in den Augen, wenn ich sie mit meinem Besuch beehre. Bestimmt können sie es nicht fassen, dass ich es persönlich bin, der ihnen erscheint. Es übersteigt ihre Vorstellungskraft, dass ich ihre Dienste in Anspruch nehme. Ich nehme mich dann immer sehr zurück und mache es dadurch wahrscheinlich nur noch schlimmer.

Manchmal kommt es vor, dass ich mich mit einfachen Menschen unterhalte. In einem Wirtshaus kann das schon einmal passieren. Hast Du nicht gesehen, bist Du in eine Unterhaltung hineingeraten. Ich achte dann immer darauf, dass ich mich möglichst einfach ausdrücke, um mein Gegenüber nicht zu überfordern. Ich höre mir gern dessen Belange an und stelle auch oft genug interessierte Fragen und versuche, mich in die kleine Welt des anderen hineinzudenken. Oft genug rührt es mich dann selbst, wie offenherzig und ehrlich ich zu diesem wildfremden Menschen bin. Es kam auch schon des Öfteren vor, dass ich in solchen Momenten zu weinen begann und gezwungen war, die Unterhaltung zu beenden, weil ich es nicht bewältigen konnte, was für ein unverfälschter, herzensguter und großer Mensch ich selbst doch bin.

Ich möchte an dieser Stelle meinen Aufsatz beenden. Ich sehe mich durchaus der Gefahr ausgesetzt, diese Gedanken könnten fälschlicherweise mit Eigenlob verwechselt werden. Nichts liegt mir ferner als das. Gestattet sei mir aber zuletzt doch noch die Frage, warum ich bei meinen vielfältigen Verpflichtungen gezwungen bin, diese Gedanken hier selbst formulieren zu müssen. Der angesprochene Sachverhalt liegt, weiß Gott nicht erst seit gestern, auf der Hand. Viele Menschen in diversen „Verlagen“ und „Redaktionen“ kennen die Sachlage seit Jahren und schweigen. Das wirft kein gutes Licht auf diese Berufsgruppe.



UND WAS MACHT EGERS AUSSER GUT AUSZUSEHEN?
Im Oktober kommen endlich wieder Egersdörfer und Artverwandte zusammen. Zum ersten Konvent nach der Sommerpause ist am 14. Oktober im Künstlerhaus unter anderem die preisbekränzte Liedermacherin und mutige Individualistin Uta Köbernick zu Gast.
Außerdem hat Egers noch ein neues Programm mit dem famosen Martin Puntigam gestrickt – vier Previews dazu werden zwischen 16. und 21. Oktober in drei verschiedenen Spielstätten in Nürnberg und Fürth abgehalten.

Und auch darüber hinaus ist des Meisters Terminkalender picke-packe vollgepackt. Seht selbst – auf egers.de




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#Comedy, #Egersdörfer, #Kolumne

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