Claudias Kinoempfehlungen für Oktober 2014
#Kino
Ein echtes Who is Who der schrägen Namen haben wir im Oktober. Und eigentlich sind nicht nur die Namen schräg, auch die Beteiligten, die diesmal Geschenke erhalten, die keiner will.
BORGMAN
AB 02.10. // CASABLANCA
Es gibt Filme, vor denen ich Angst habe. Und bei Borgman weiß ich, warum. Schon der Auftakt im Wald war mir genug Aufregung für einen Tag. Drei Männer hauen mit Axt und Eisenstange auf den Waldboden ein, bis das unterirdische Wohnzimmer zusammenbricht. Der bärtige Mann, der dort wohnt, scheint vorbereitet, packt in Windeseile, rennt los, warnt zwei andere Männer, die in ebensolchen Verschlägen leben. Er melde sich bei ihnen, wenn er etwas anderes gefunden habe, sagt er, und macht sich auf Richtung Zivilisation, geht von Wohnhaus zu Wohnhaus, bittet um ein Bad. Wie finden wir nun diesen Typ? Zunächst nicht unsympathisch, rhetorisch geschickt. Er heißt Borgman und ich habe ihm das nicht übel genommen, dass er im Haus auftaucht, obwohl er nur im Schuppen für ein paar Tage bei einer reichen Familie eine Bleibe erhielt. Zusammen mit der Dame des Hauses wird auch der Zuschauer seltsam verführt. Borgman ist nett, dreist und dann wird es märchenhaft böse im Hause von Marina, Richard und den drei Kids. Mitmachen oder es lassen? Es ist schwer, sich dem diesjährigen niederländischen Oscar-Beitrag zu entziehen. Regisseur Alex van Warmerdam macht keinen Spaß, das wird sehr böse und ist interpretierbar in alle Richtungen. Würde nach 45 Minuten der Film abbrechen, würdet Ihr alles tun, um das Ende zu sehen, weil man nicht weiß, was das wird. Die Spannung ist für mich, der ich allerdings ein Schisser bin, gewaltig. Und ich sag‘s mal so: Manchmal ist man von etwas fasziniert und hört nicht auf, obwohl man ahnt, es könnte ein Schmarrn sein. (Ähnlichkeiten mit dem realen Leben sind rein zufällig.) Aber Ihr seid nicht allein: Der Film lief sogar in Cannes - fast ein kleines Wunder, denn die Niederlande sind bei diesem Festival nicht erste Wahl. Zu erwähnen bleibt der Hauptdarsteller aus dem fantastischen The Broken Circle, ohne den hier nichts funktionieren würde.
WISH I WAS HERE
AB 09.10. // CINECITTA/CINESTAR
Nach diesem Borgman brauch ich was Lustiges, am besten gleich ein Feel-Good-Movie. Und ich fühl mich ja schon gut, wenn Zach Braff in der Nähe ist. Nein, ich glaube nicht, dass er Arzt ist, habe „Scrubs“ noch nie gesehen. Aber sein Debüt Garden State war eine schöne Sache, oder? Das ist zehn Jahre her, und zack, ist Zach Braff schon mit dem nächsten Film hier. Wish I Was Here, eine ganz unspektakuläre Vater-Mutter-Kind-Opa-Geschichte, bei der der Papa die Kinder zuhause unterrichtet und dabei am meisten lernt! Ich mag diese Kombination aus witzigen Details und plumpem Humor einfach. Üüüberhaupt keine Lust, was zu kritisieren.
GESCHENK DER GÖTTER
AB 09.10. // CASABLANCA
Ein Gläschen in Ehren mit dem Chef und schon ist man entlassen. Das ist besonders blöd, wenn man am einzigen Theater in der Provinz arbeitet wie Anna. Tolle Idee beim Jobcenter: Sie könnte mit den Schwervermittelbaren arbeiten, ein Stück einüben. Türen knallen, einer haut immer ab, kommt aber auch wieder. Wir gehen mit in die Familien, in das Leben der Arbeitslosen. Tränen, Wut und plötzlicher Zusammenhalt dominieren das Geschehen, plus jede Menge Stimmungsschwankungen aller Beteiligten. Katharina Marie Schubert habe ich in Shoppen entdeckt und auch Adam Bousdoukos, der Chef der Soul Kitchen, ist ein Grund ins Kino zu gehen.
WAS BIN ICH WERT?
AB 09.10. // CASABLANCA
Manchmal fühlt man sich wie auf der Resterampe im 1-Euro-Laden, mal wie Schloss und Prinzerl in einem. Was man so wert ist weiß man nach diesem Film genau. Denn Peter Scharf ermittelt den Wert des Körpers, bzw. des Menschen. Vielleicht hält er sich ein wenig lang beim Haarhandel auf, aber dafür gestaltet er seine Doku sehr schön persönlich. Scharf ist freier Journalist und nicht eben abgesichert. Hätte nicht gedacht, dass es noch etwas Interessantes zu 9/11 zu erzählen gibt, ebenso wie zum Thema Schmerzensgeld. Es erhärtet sich der Verdacht, dass ein Amerikaner mehr wert ist als ein Mensch …
20.000 DAYS ON EARTH
AB 16.10. // CINECITTA, MANHATTAN
Nick Cave, die olle Ikone. Da wird der Fan hellhörig, wenn er weiß, dass er mit ihm aufstehen darf, Auto fahren, mit zum Psychologen. Der Musiker, der sich in Brighton niedergelassen hat, macht sich recht öffentlich und redet ungewohnt viel. Das Leben ist halt doch ein Songtext.
2 HERBSTE, 3 WINTER
17. & 19.10. // E-WERK KINO
Himmel, kann man Geschichten lustig erzählen. Nicht nur Geschichten, sondern das eigene Leben. Und vielleicht wird alles spektakulärer, wenn man unerschütterlich Humor und Fantasie in die Ereignisse mischt. Denn dass Arman und Amélie zusammenstoßen beim Joggen ist noch nicht romantisch. Beide erzählen, was ihnen so in den folgenden Herbsten und Wintern passiert, kommentieren ihre Gedanken, stellen sich neben das, was passiert. Ein richtig schöner Film, den Sébastien Betbeder in Paris inszenierte.
HALLOWEEN SPECIAL
AM 31.10. // E-WERK KINO
Am 31. Oktober begrüßen wir wieder den Horror. Im E-Werk wagen sich acht Regisseure an Edgar Allan Poe, Tote können sich ja nicht wehren. Danach gibt es La Petit Mort 2 und es wurde bereits überliefert, dass auch das Werk im Anschluss gruslig genug ist, um sich wieder auf Familienfeiern zu freuen.
[cn]
#Kino