So war: Sea You Festival
#Festival, #So war
Die meisten besuchen ein Techno-Festival, um sich ein Wochenende lang vom Beat treiben zu lassen. Nicht so unser curt-Scherge Fränk – der geht da nur hin, um die Veranstaltung für Euch zu protokollieren. Das hat er auch beim Sea You Festival am Tunisee unweit von Freiburg akribisch getan. Wobei sein Anblick am Montag danach nahelegte, dass er nicht nur die Schreibfeder, sondern schon auch ein bisschen das Tanzbein geschwungen hatte.
Der Tunisee siehtein bisschen wie ein zu groß geratener Karpfenteich aus, fast quadratisch und künstlich, bietet im Sommer mit seinen von Wiesen gesäumten Ufern aber viel Platz zum Liegen und Baden. Neben dem obligatorischen Campingplatz findet sich hier auch eine 5-Mast-Wakeboardanlage, die für zusätzlichen Wasserspaß sorgt. Ein idealer Ort für ein Festival also, ein paar Kilometer von Freiburg entfernt im Länderdreieck Deutschland, Frankreich und Schweiz, zwischen Kaiserstuhl und Schwarzwald – zumal die Region zu einer der wärmsten Deutschlands zählt.
Das bekommen auch die insgesamt rund 15.000 Besucher zu spüren, die sich bei Temperaturen weit über 30 Grad einfinden, um bis zu drei Tage lang den Bass zu fühlen, zu tanzen und zu feiern. Umso unverständlicher, dass man die Camper am Freitag mehrere Stunden in der prallen Sonne warten lässt, bevor man ihnen einzeln die Parzellen zuweist, und ihnen dann zudem schattenspendende Pavillons auf den Zeltplätzen verwehrt. Da kann in Sachen Logistik und Rücksicht auf die Besucher noch manches gelernt werden.
Immerhin grenzt das eigentliche Festival-Areal dann unmittelbar an die, für Zelt- und Parkplätze genutzten, umliegenden Felder und zieht sich mit zwei Freilichtbühnen und einer großen Zeltbühne um den halben Tunisee herum. Und das ist auch das eigentliche dicke Plus dieses Festivals: die – zumindest anfangs noch – satt grünen Wiesen mit direktem Zugang zum Wasser und die relativ kurzen Wege zwischen den Bühnen und den Zeltplätzen. Das haben so nicht viele Festivals zu bieten, und wegen der schon erwähnten Hitze wurde die Bade- und Abkühlmöglichkeit im Wasser auch gerne und viel von den Besuchern genutzt.
Musikalisch wurde in Sachen House und vor allem Techno ein Line-up geboten, das zumindest nominell kaum Wünsche offen ließ, dafür aber auch wenig Überraschendes oder Neues zu bieten hatte. Richie Hawtin, Loco Dice, Extrawelt, Marcel Detmann, Ben Klock, tINI, Pan-Pot, Nina Kraviz, Andhim, Robin Schulz, Lexer, Oliver Schories, Animal Trainer, Lexy & K-Paul, Pillowtalk, Monkey Safari – alles profilierte DJs und Acts, die jedem elektronischem Rave gut zu Gesicht stehen und überall ihre Fans haben bzw. finden und sicherlich, in solcher Anhäufung, nicht allzu oft im Breisgau zu finden sind. Luciano und Marco Carola, die beide kurzfristig absagen mussten, wurden durch Dominik Eulberg und Joseph Capriati adäquat ersetzt.
Wirklich überzeugen konnte mich allerdings (wieder einmal) nur DJ Koze, der mit seiner ganz eigenen verschwirbelten Art seine Tracks zerstückelt, geradezu zerstört, in polyrhythmischen Kaskaden kumulieren lässt, um im nächsten Augenblick die Musik fast ganz verstummen zu lassen, um das Spiel von vorne zu beginnen. Einfach fantastisch, wie der gebürtige Flensburger mit der Musik und allen ihm gebotenen Möglichkeiten spielt – und das im besten Sinne des Wortes.
Erwähnenswert auch der Auftritt der beiden Jungs von Adriatique, die mit ihrem düsteren Tech House Samstagnacht zum Abschluss auf der Bay Bühne die Massen zum Tanzen und Bewegen brachten, sowie Chris Liebing, der unerbittlich wie eh und je mit seinem Donnertechno als letzter am Sonntagabend dafür sorgte, dass der weiche Lehmboden im Zelt von den letzten Kräften und Stampfern der ausgelaugten Tänzer noch (fast) zu Beton verdichtet wurde.
Der große Rest der DJs geht für mich dann doch in der Masse des Vierviertel-Bumms unter, zumal die Slots zum Teil recht unglücklich gesetzt wurden, so dass nebeneinander liegende Bühnen unisono in BPM und Rhythmus erklangen und so wenig Differenzierung zwischen den Areas erkennbar war. Auch hat man den einen oder anderen DJ schon in besserer Form und Laune erlebt. Und die zwar mächtigen und lauten Soundsysteme der einzelnen Bühnen waren aufgrund der eher aggressiven Höhen und Mitten nicht unbedingt für einen längeren Hörgenuss geeignet, aber auch das mag sicherlich geschmacksabhängig sein.
Leider musste die kleinere Open-Air-Bühne am Sonntag nachmittag – wegen einer Sturmwarnung – aus Sicherheitsgründen geschlossen werden, so dass Adam Port und Rampa sowie Moonbootica ihre Auftritte frühzeitig abbrechen mussten, beziehungsweise gar nicht mehr zu ihrer Spielzeit kamen, obwohl letztlich außer ein bisschen Regen nicht viel von einem Unwetter zu spüren war. Dass hier nach den letzten Erfahrung mit Stürmen wie etwa bei Love Family Park die Sicherheit vorging und die Veranstalter eher übernervös reagierten, ist aber verständlich.
Insgesamt ein sicherlich lohnenswertes Festival für all diejenigen, die es zu den „großen“ Vorbildern wie SonneMondSterne oder gar Fusion nicht schaffen. Für eine Neuauflage des Sea You Festivals wünsche ich als Besucher den Machern und Organisatoren aber ein wenig mehr Herz und Spirit für Kommunikation, Freundlichkeit und Deko (die bis auf amtliche Bühnen und Technik, wie z.B. Videowalls, so gar nicht stattgefunden hat), mehr Mut beim Booking und vor allem ein etwas begeisterungsfähigeres Publikum.
[Text: fs, Fotos: Kidkutsmedia, fs]
SEA YOU FESTIVAL
Freitag, 18.07.2014 // 22:00h
TUNISEE
Seestraße 30
97108 Freiburg
#Festival, #So war