Es gibt Dinge, die haben eine Geschichte. Und Dinge, zu denen bauen ihre Besitzer eine ganz besondere Bindung auf. Siehe "Herr der Ringe", oder Tom Hanks mit seinem Ball-Mensch-Hybriden "Wilson" in dem Film "Cast Away"". Bei mir ist es mein Fahrrad.

Vor über 15 Jahren sah ich dieses Rad, als ein Freund von mir damit vors Treibhaus fuhr. Ich war sofort verliebt in das Braun, in den Kastenrahmen, in das Gesamtkunstwerk. Damals waren Klappräder noch nicht angesagt, aber Liebe ist stärker als Style.

Jahre lang nervte ich Achim und bot Geld und mehr, jedoch er negierte. Meine Beharrlichkeit zahlte sich letztendlich aus: Achim hatte das Rad auf ebay eingestellt, der Scheißkerl, aber ich war schneller. Seitdem ist Klappdepp, so heißt der Bolide, ein treuer Freund und Begleiter, der mich durch lange Vatertagsausflüge ebenso führte wie durch Jackass-Action am Kinderspielplatz oder wilde, alkoholgeschwängerte Ritte durch den nächtlichen Burggraben. Tagsüber saßen im Kindersitz manchmal die Tochter, manchmal der Hund. Gerade mit Hund kam es zu abfälligem Gelächter, das ich großzügig ignorierte. Im Gegenteil, Klappdepp wurde zum Star vieler curt-Geschichten aufgebaut, wie z.B. dem Bericht übers Bike Polo - mit Kowalski als Sozius. Oder fürs Cover unseres curt Studententimers, ganz pur mit Turnbeutel, lässig auf dem Raketen-Parkplatz. Selbst bei einer Ausstellung im Neuen Museum diente Klappdepp als Deko.

Dieses Rad war und ist dabei so bescheiden: dass im Lauf der Jahre die Beleuchtung abhanden kam (beim Stürzen abgebrochen, vorne und hinten), die Kette aus purem Rost besteht, die Chromteile sich unter Flugrost verstecken und die gummierten Griffe fast ohne Noppen daher kommen … es gab nicht eine Klage. Dieser Klappdepp ist durch und durch ein feiner Kerl! Hätte man mich gezwungen, mich zwischen meiner Frau und Klappdepp zu entscheiden - die Wahl wäre mir nicht schwer gefallen. Zu viele Momente des Glücks, nie Streit, nie Migräne, nie Verweigerung. Nie Zweifel, nie Eifersucht. 10:0 für Klappdepp.

Doch auch wenn mein Rad es immer gut mit mir meinte, es konnte mich vor meinem Durst und den System nicht schützen. Mit gutmütigen Scheuklappen, gefügig, statt belehrend, führte es mich direkt in die Fänge unserer Freunde und Helfer, den lieben, grünen Engel von der Polizei. Eines Nachts, als mal wieder keine einzige Straftat oder Ordnungwidrigkeit in ganz Franken begangen wurden, als im Polizeifunk das große Schweigen herrschte und Facebook als auch Youporn vermutlich offline waren, da kamen der Klappdepp und sein bierseeliger Mäusi Joppke den diensthabenden Gendarmen gerade recht. Klapprad mit Kindersitz - ohne Licht in der Fußgängerzone unterwegs - Fahrer mit Mütze und glücklichem Grinsen - und auch sonst nix los: Zugriff!

Kleiner Klappdepp, alter Freund, unser gemeinsamer Urlaub in die Dolomiten fällt dieses Jahr leider aus, denn Strafe, Abstinenznachweis, Verkehrspsychologe und MPU fressen die Urlaubskasse auf.

Radfreunde! Franken! Freunde des fränkischen Biergenusses! Seid gewarnt: Don´t drink and radel!

Und du, Klappdepp, mein Freund, bist mir jetzt noch wichtiger. So ohne Auto merke ich noch mehr, wie super du bist. Ich besorge dir jetzt neue Lichter und den Flugrost poliere ich dir freihändig vom Chrom. Die neuen Griffe sollen so coole Bändchen haben, die im Wind flattern. Und vielleicht gibt´s statt einer Klingel eine Hupe. Nein, eine Polizeisirene. Dann jagen wir zwei die echten Verbrecher dieser Stadt. Zugriff!